Ekrem Yalçındağ (1964, Gölbaşı, TR) führt in seinen Gemälden scheinbar disparate Welten zusammen: Malerei verschmilzt mit Konzeptkunst, die Ornamentik seines Heimatlandes Türkei verbindet sich mit Anmutungen des westeuropäischen Jugendstils, vegetabile Formen schliessen sich zu geometrisch durchwirkten All-over-Strukturen zusammen, konkrete Seherfahrungen gehen in reinen Farbformen auf. Hinter diesen Verquickungen steckt die Fähigkeit des Malers, die Impulse, die er erfährt – Gesehenes, Gelesenes, Erlerntes und Erlebtes – in eine unverwechselbare Bildwelt zu transferieren.
Die formalen und gedanklichen Grenzüberschreitungen, die er dabei unternimmt, sind auch ein Widerhall auf seinen Werdegang: Yalçındağ studierte an der Kunstakademie in Izmir, bevor er 1994 nach Frankfurt kam. Sein Studium an der Städelschule absolvierte er bei Thomas Bayrle und Hermann Nitsch, zwei Künstlern, deren Arbeiten weit auseinanderliegen: Pop-Art-Konzeptualist und berühmt für serialisierte Formen der eine, Maler und wilder Aktionskünstler der andere.
Ekrem Yalçındağ hat es verstanden, beider Einfluss in sein Schaffen zu integrieren; das Resultat sind Bilder wie «Impressions from the Street», die zum einen eine repetitive Struktur aufweisen und zum anderen die physisch-sinnliche Qualität der Farbe erlebbar machen. Durch den Farbauftrag, pastos und mehrere Millimeter stark, erlangt das Malmaterial eine eigene Körperhaftigkeit und das Bild Objektcharakter. Der Titel verweist auf Seherlebnisse, die den Künstler angeregt haben. Auch hierin ist «Impressions from the Street» exemplarisch für Yalçındağs Rundbilder: Das Kolorit seiner Tondi basiert stets auf Farbeindrücken, die er im Alltag gewonnen hat, beim Anblick von Verpackungen, Plakaten und dergleichen. Der Gegenstand selbst jedoch taucht in seinen Werken nicht mehr auf; was bleibt, sind irisierende Farbfolgen von eben jener Autonomie, die die Zürcher Konkreten einst postulierten.
Wie diese konzentrisch bemalten Tondi müssen auch die von Blütenformen durchmusterten Bilder Yalçındağs (an denen er in den 1990er-Jahren zu arbeiten begann) nicht von ihm selbst ausgeführt werden, und eben hier liegt der konzeptuelle Anteil in seinem Schaffen: Präzise Vorzeichnungen sowie eine minutiöse Arbeitsanleitung ermöglichen ihm, die Ausführung abzugeben, sie erfolgt durch seine Assistenten und Assistentinnen. Ekrem Yalçındağs Werke wurden 2013 im Rahmen der Ausstellung «Hot Spot Istanbul» im Museum Haus Konstruktiv präsentiert.
Britta Schröder