Elena Lux-Marx (1944, Oberammergau, DE) begann sich während ihres Studiums der Malerei an der Hochschule der Künste Berlin (1965–1970) mit der konstruktiv-konkreten Kunst auseinanderzusetzen. Auslöser war ihr Interesse an der Farbtheorie, insbesondere der Wahrnehmungsphysiologie wie sie u. a. von Josef Albers in der Schrift «Interaction of Color» (1963) dargelegt worden war. Inspiration fand die Künstlerin in den Gesetzen der Farbdurchdringung, die seit den 1970er-Jahren ihre Malereien und Gouachen bestimmt. Das Grundsystem ihrer Werke basiert in der Regel auf orthogonal verlaufenden, aus einer Vielzahl kleinster Quadrate zusammengesetzten Streifen-, seltener reinen Quadratformationen. Durch sukzessive Farbabstufungen dieser Kleinquadrate kommt es je nach Gradationsskala zu mehr oder weniger heftig pulsierenden Farbverläufen. Das Werk umfasst das gesamte Farbspektrum, wobei die Orchestrierung – geradezu synästhetische Erlebnisse hervorrufend – mal von einem ganzen Chor von Farben, mal (wie in «Persian midnight – 3rd dematerialized zone») von gerade nur zwei Stimmen übernommen wird. «Bei diesem Bild zeige ich», so die Künstlerin, «dass zwei komplementäre Farben, Magenta mit Weiss aufgehellt und Grün mit Schwarz verdunkelt, in der Mitte des Bildes übereinanderliegend, auf halbem Weg eine graue neutrale Zone bilden, wenn sie in feinen Abstufungen, in diesem Fall 64 an der Zahl, miteinander vermischt werden.» Die souveräne Bewältigung solcher Farbdurchdringungen resultiert aus einem hochdifferenzierten Farbunterscheidungsvermögen, einer minutiösen Planung sowie einer hochkonzentrierten, zeitintensiven handwerklichen Ausführung. Für ihr eigenes künstlerisches Wirken massgebend, soll sich «Sehen als Entscheidungs- und Gestaltungsakt» auf den Betrachter übertragen; gefordert sind seine «ko-kreativen» Fähigkeiten, d. h. die Bereitschaft zum willentlichen Schauen. Erst dadurch gelangt er zu einem Gewinn an Erfahrung, die ihn umso intensiver die pure Schönheit dieses Farbkosmos erleben lässt.
Elisabeth Grossmann