Philippe Weber Jahanguir

Der Maler und Plastiker Philippe Weber-Jahanguir (1963, London, GB) ist in zwei Kulturkreisen verankert; einerseits in der iranisch-islamischen Kultur mit ihrer reichen Ornamentik, die er unter anderem im Teppichlager seines Grossvaters kennen- und lieben lernte, andererseits in der westlichen Kultur. Aufgewachsen in Zürich, einem historisch wichtigen Zentrum der konkreten Kunst, ist Jahanguir mit der konkret-konstruktiven Kunstsprache bestens vertraut. Nach seiner Lehre als Maschinenmechaniker und Weiterbildung als Kunstschlosser durchlief er in Zürich ein Praktikum im Zürcher Architekturbüro Schnebeli, Ammann Ruchat und Partner und war von 1984 bis 1986 Fachhörer in der Abteilung für Architektur der ETH Zürich, Bereich Konstruktion und Bildnerische Gestaltung. Seine Beschäftigung mit Le Corbusiers Vision einer den gesamten menschlichen Lebensraum umfassenden Gestaltung resultierte im Entwerfen und in der Herstellung einer eigenen Möbelkollektion.
Kandinskys Formen- und Farbenwelt inspirierten Jahanguir dazu, sich der bildenden Kunst zuzuwenden. Zunächst verwendete er eine im Prinzip gleichbleibende, aber beliebig erweiterbare geometrische Matrix in einem Bildformat, das den Formen und Linien keine Grenzen setzt. In den 1990er-Jahren entstanden Kompositionen mit breiten, regelmässig angeordneten Bändern, die sich bald über farbige Grundflächen, bald über Streifen bewegen. Die Grundlinien führte der Künstler von Hand derart akkurat aus, als hätte er Schablonen verwendet. Die genaue Abgrenzung der Farben ist ihm wichtig, und die Formstruktur ist präzise auf die Farbgebung abgestimmt. Differenzierte Farbtöne erzeugt Jahanguir vornehmlich durch einen vielschichtigen Farbauftrag in Lasurtechnik. Sie ermöglicht es ihm, in den Gemälden ein Tiefenlicht zu erzeugen, das mit dem Licht der Umgebung in Zwiesprache tritt.
In den Werken ab etwa 2010/2011 bildet die Ellipse die Grundform. Ihre Umrisse lassen Leerformen entstehen – wie das sich in der Sammlung des Haus Konstruktiv befindende Werk «Zan» von 2011. Im Grenzbereich der hellen Flächen zum dunklen Bildgrund scheint die dunkle Farbe langsam zu entschwinden. Die Ornamente strahlen die innere Ruhe einer einfachen Symmetrie aus und gehören doch in ein System, das Symmetrien oft unmerklich bricht. Die Elemente sind durch das Bildgeviert angeschnitten, wodurch Kippformen entstehen. Die Leerform, die wir zunächst als Bildgrund ansehen, verwandelt sich in frei schwingende Ellipsen. Auch im plastischen Schaffen greift der Künstler Kreis und Ellipse auf. Während die «Lotos-Ringe» (2000-2007) eine scheinbare Leere umgreifen, thematisieren die Stelen die Offenheit und das Streben ins Unendliche.
Jahanguirs Schaffen entsteht aus der Innenschau, aus der Beobachtung geistiger Vorgänge, und soll der Visualisierung des Zeitlosen dienen. In «Formung der Leere», so der Titel einer Ausstellung in der Galerie Jamileh Weber 2011, spürt der Künstler den Worten von Lao-Tse nach: «Das Sichtbare, das Seiende, gibt dem Werk die Form. Das Unsichtbare, das Nichts, gibt ihm Sinn und Wesen.»

Dominique von Burg
Werke von Philippe Weber Jahanguir