Ryan Gander

Der renommierte britische Konzeptkünstler Ryan Gander (1976, London, GB) arbeitet mit Vorliebe assoziativ, stets von einem trockenen Humor geleitet. Sein stark autobiografisch geprägtes Werk umfasst Videoinstallationen, Objekte, raumbezogene Interventionen, Fotografien, Talks und Künstlerbücher. Wiederkehrendes Thema ist, neben der künstlerischen Autorschaft oder Werkgenese, die Beschäftigung mit dem gesprochenen, visualisierten oder geschriebenen (Zeichen-)System Sprache und den damit einhergehenden Möglichkeiten und Grenzen. In «The New New Alphabet» (2008) zitiert Ryan Gander die 1967 von Wim Crouwel gestaltete, als unleserlich geltende Schrifttype «New Alphabet». Ganders Holzbuchstaben können als Zusatzelemente dienen, die das Schriftbild qua Überlagerung erst klarer und leserlich machen würden.
Gander fügt scheinbar disparate Versatzstücke aus der Kunst- und Kulturgeschichte zusammen, würzt sie mit Fakten und Fiktionen und überführt sie in ein eigenes Weltbild. So rekurriert die Installation «Ftt, Ft, Ftt, Ftt, Ffttt, Ftt, ...» (2010) auf den Diagonale-Konflikt zwischen Theo van Doesburg und Piet Mondrian, die sich bekanntlich über die Bedeutung der Diagonale im Bild ernsthaft zerstritten hatten. Mit den Hunderten von schräg im Boden steckenden Pfeilen wird die Heftigkeit des Streits zwischen den beiden Gründervätern der konkreten Kunst visualisiert. Gleichzeitig bezieht sich Gander auf die Schlachten des schottischen Freiheitskämpfers William Wallace (um 1270–1305), genannt Braveheart.
Die oft vielfach einfach wirkenden, aber komplexen Arbeiten sind nur schwer einzuordnen, drehen sie sich doch um die Dekonstruktion, Offenlegung und Verzettelung von Erzählstrategien und Bedeutungsbildungen. Beispielsweise sprechen die trashigen Lampen-Skulpturen «A lamp made by the artist for his wife: 44th, 47th, 49th, 50th attempts» (2015) von der langen Verwendungsgeschichte alltäglicher Materialien (Readymades) in der Kunst, aber auch vom kreativen Prozess selbst und von ganz persönlichen Aspekten. Gander reflektiert mit seinen Arbeiten das diskursive Potenzial der Kunst und die Prozesse ihrer Wahrnehmung und Rezeption. Allerdings lassen sie sich nicht durch eine schnelle Betrachtung entschlüsseln, sondern können/müssen als Bruchstücke eines komplexen künstlerischen Universums gelesen werden.

Dominique von Burg
Werke von Ryan Gander