Thomas Moor

Es gehe ihm darum, Zusammenhänge zu verstehen, sagt Thomas Moor (1988, Aarau, CH) über seine Installationen, Objekte und Performances. Um die oft unbewussten Strukturen und Wertesysteme unserer Gesellschaft zu beleuchten, operiert er, der seine künstlerische Ausbildung am Rocky Mountains College of Art and Design in Denver (US) begann und an der Zürcher Hochschule der Künste sowie an der HEAD in Genf fortsetzte, mit gesammelten oder gefundenen Materialien und gegebenen Situationen. 2012 etwa hat er den Berner Bundesplatz mit einem Metalldetektor abgesucht und so darauf verwiesen, dass die Schweizerische Nationalbank ihre Goldreserven just unter diesem öffentlichen, vielbegangenen Ort vor dem Bundeshaus hortet. Rückte hier die Funktionsweise des Schweizer Finanzplatz in den Fokus, so zielen Moors Aktionen immer wieder auch auf die Mechanismen des Kunstsystems selbst ab. Die Serie «Equilibrium I–IV» (2014–2016) zum Beispiel besteht aus gerahmten Quittungen von Rahmenmachern. Für die Diashow «Touching Tangibles», die ihm 2014 den Kiefer Hablitzel Preis einbrachte, liess Moor einen hautengen Ganzkörperanzug aus derselben weissen Baumwolle schneidern, aus der die Handschuhe gefertigt sind, die in Museen und Galerien beim Bewegen von Kunstwerken verwendet werden. So bekleidet, liess er sich dabei ablichten, wie er in verschiedenen Schweizer Institutionen und Sammlungen Skulpturen umarmte. Und in seinem neusten Film von 2017 spricht er mit einem Künstler aus Florida, der 2014 im Pérez Art Museum in Miami eine Skulptur von Ai Weiwei absichtlich zertrümmerte – um anzuprangern, dass das Haus zu wenig lokale Künstler ausstelle.
Auch «Climate Control (Museum Haus Konstruktiv)» gehört zu jenen Werktypen von Moor, welche die Kunstwelt kritisch befragen. Schon bei verschiedenen Gelegenheiten hatte der Künstler seinen Thermohygrographen – ein Gerät, das in Museen die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit misst – kurzzeitig in Ausstellungsräumen platziert. Im Haus Konstruktiv stand der veraltet wirkende Apparat 14 Wochen lang, während der gesamten Ausstellung von Latifa Echakhch. Die auf Papier festgehaltenen Messkurven erinnern an die Aufzeichnungen von Vitaldatenmonitoren in Spitälern – als würden die Blätter die Funktionstüchtigkeit der lebenswichtigen Organe des Museums dokumentieren. Gleichzeitig können sie auch als Relikt einer Performance gelesen werden, die sich im Geheimen vollzog, und zwar – mit den Worten von Moor – im «Ausharren des Geräts, das vorgibt, Museumsinventar zu sein».

Deborah Keller
Werke von Thomas Moor